Verzuckerung des Bindegewebes?!

Vielen Dank für diese wunderbare Erklärung , lieber Herr Professor Schmidt!!!

Liebe Grüße

Heike Kaden

Am 18.01.2019 um 12:01 schrieb Michael Schmidt <info@dermatolan.de>:

Liebe DermatolanPartnerInnen,

soeben erreicht mich eine weitere Fachfrage einer Kosmetikerin zum Thema Verzuckerung. Hier unsere Antwort.

Liebe Frau Schmidt, Lieber Herr Prof. Schmidt,

ich benötige auch noch einmal eine Auskunft über die neueste Kosmetikinformation auf dem Markt, den meine Kundinnen natürlich sofort aufschnappen:

Es geht um die Glykolyse der Haut im Alter- ich sagte der Kundin gestern, es sei für Sie bereits ein “alter Hut” und die Missing Link Produkte und Marineau Serie wäre sowieso genau dafür geeignet. Können Sie es mir aber noch einmal schriftlich erklären, damit ich es weitergeben kann oder bin ich auf dem falschen Dampfer mit meiner Aussage?

Liebe Grüße, Ulrike A., Bremen 

Antwort:

Das ist wirklich schon seit Jahren unser Thema auf den Fortbildungen.

Zucker aus der Nahrung und schließlich aus dem Blut kann sich mit collagenen Faser chemisch verbinden, man spricht dann von „Verzuckerung“ der Proteine. Das ist einer von vielen anderen Faktoren der Hautalterung. Dabei ist allerdings noch vieles unklar.

  • Unser Körper reguliert ja den Zuckergehalt im Blut, was heißt dann also „zuviel Zucker im Blut“? Ist das dann schon Diabetes?
  • Unklar ist, unter welchen Umständen die Verzuckerung (oder Glykation) der Bindegewebsfasern abläuft, verstärkt oder vermindert wird.

Als wertvolle Kosmetikwirkstoffe spielen verschiedene Zuckerarten sehr wichtige Rollen. Vor allem Polysaccharide, also mehrere Einzelzuckerbausteine in einer Kette, setzen wir sehr erfolgreich als Detoxmittel in den oberen Hautschichten und auch zur Konservierung ein. Sie können richtig angewendet festsitzende „Schlackenstoffe“, u.a. auch Schwermetalle lösen und ausleiten. An der „Verzuckerung“ der Bindegewebsfasern sind sie nicht beteiligt. Dafür sind Einfachzucker verantwortlich, also Galaktose, Glucose und Fructose. Andererseits sind auch diese Zuckerarten für uns lebensnotwendig.

Über die Nahrung aufgenommen stimuliert Zucker unser Hormonsystem, z.B. das „Glückshormon“ Serotonin und gilt deshalb auch als Stimmungsaufheller. Auch andere Hormone wie z.B. die Geschlechtshormone stehen in einem schwer zu durchschauenden Zusammenspiel mit Zucker. Zucker ist außerdem ein wichtiger Energieträger. In der Werbung wird immer wieder von „Wunderwirkstoffen“, z.B. dem L-CARNOSINE berichtet, welche in Kosmetikpräparaten die Verzuckerung im Bindegewebe auflösen sollen. Das ist natürlich völliger Quatsch, denn Carnosine wirkt zwar in Zellkulturversuchen u.a. als Antioxidans, aber wie soll dieser großmolekulare Stoff denn aus Kosmetikcremes bis ins Blut und dann ins Bindegewebe gelangen? Die gefürchteten „AGEs“, also die Endprodukte der Verzuckerung von Eiweißen entstehen zwar auch wie schon gesagt im Körper, werden aber in viel größerem Maß durch die Zubereitung von Speisen produziert und dann über die Nahrung aufgenommen (beim Braten von Fleisch, Frittieren etc.) und wirken dann als Alterungsschub und Entzündungsbeschleuniger. Eine ausgewogene Ernährung und ein nicht übermäßiger Zuckerkonsum sind zwei Faktoren von einer Unzahl anderer, die vorzeitiger Alterung entgegenwirken können.

Generell sollten wir das Polarisieren und vor allem derartige unseriöse Werbeaussagen bleiben lassen und nicht auf Marketingphrasen hereinfallen. Alterungsvorgänge sind immer ganzheitliche Vorgänge, an denen so viele Faktoren beteiligt sind. Letztendlich kommt es auf einen ausbalancierten Gleichgewichtszustand auf körperlicher und seelischer Ebene an, um harmonisch und authentisch zu „reifen“, nicht auf das „Einwerfen“ von Einzelwirkstoffen! Kosmetik kann dazu sehr viel beitragen, nutzen wir unser Potenzial, ohne Übertreibungen und Klischees!

 Liebe Grüße,

Antje & Michael Schmidt